Untersuchung der körperlichen Leistungsfähigkeit von Berufsschülern
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Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion (v.l.n.r):
Schulleiter
Dr. W. Wehmeier Prof Dr. E. Zimmermann Dr. J. Weber A. Broer Dr. med
A. Schulte Dr. C. Vobejda
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Ziel der Untersuchung bzw. des Projektes
Standpunkte:
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einige wenige Arbeitgeber äußerten sich in der Vergangenheit
destruktiv gegenüber dem Sport in der Berufsschule mit der Absicht,
ihre Auszubildenden häufiger im Betrieb zu haben
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Sportlehrer, Sportwissenschaftler etc. sind der Auffassung, daß Sportunterricht
dazu beiträgt, Fehlzeiten am Arbeitsplatz zu vermeiden und gesundheitliche
Vorsorge zu betreiben
Diese Kontroverse war Anlaß, einmal tatsächlich eine Untersuchung
bei den Berufsschülem zu starten (Studien auf diesem Gebiet sind kaum
vorhanden), um deren körperliche Leistungsfähigkeit zu überprüfen!
Durchführung der Untersuchung
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am 03.12.1997 in der Sporthalle der Dietrich-Bonhoeffer-Schule
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beteiligte Berufsschulklassen: GH 52 (Groß- und Außenhändler),
BK 51 (Bürokaufleute), ZH 62 (Zahnarzthelferinnen), IN 53 (Industriekaufleute),
WS 52 (Wirtschafts- und Steuerberater) sowie einige freiwillige Versicherungskaufleute
(VS 71)
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die Probandengruppe umfaßte damit 106 Berufsschüler/-innen (71
m, 35 w), durchschnittl. Alter 21 Jahre; damit wurde das breite Spekrtum
unserer kaufmännischen Ausbildungsberufe gut repräsentiert
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für die Untersuchung haben die Schüler einen Fragebogen
ausgefüllt und sich jeweils einem Ausdauer- und orthopädischen
Test unterzogen. Aus der Kombination verschiedener Resultate ließen
sich Schlußfolgerungen für den Sportunterricht ziehen.
Zusammenfassung der Ergebnisse
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mehr als 40 % der untersuchten Schülerinnen betreiben außerhalb
der Schule kein Sport (insgesamt weibl. u. männl. ca. 35 %), über
30 % der untersuchten Schüler betreiben außerhalb der Schule
mehr als 4 Std. Sport (insgesamt 15 %)
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ca. 80 % der weiblichen Berufsschüler und ca. 95 % der männlichen
Berufsschüler bewältigen nicht die Anforderung des Deutschen
Sportabzeichens in der Gruppe 5 (Ausdauerleistung) der 18-29jährigen
Sportler, d.h. einen 2.000m-Lauf unter 12 min (weibl.) bzw. einen 3.000m-Lauf
unter 13 min (männl.) zu laufen, Anforderung für die Männer
ist etwas schwieriger, ca. 35 % aller Probanden schaffte nicht einmal die
Anforderung für 50-54jährige Sportler!
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70 % der Berufsschüler haben Beschwerden am Bewegungsapparat (am häufigsten
Kreuzschmerzen; diese nehmen mit ca. 39,6% den größten Stellenwert
ein)
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nur 1/3 der Berufsschüler haben eine normale (i.S. optimal und harmonisch
geschwungen) WS-haltung; die anderen 2/3 haben Hohlrundrücken, Totalrundrücken
und Flachrücken; insgesamt haben 36,4 % Skoliosen (=seitl. Abweichungen)
13,6 % Morbus Scheuermann
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nahezu alle Berufsschüler haben muskuläre Dysbalancen (=muskuläre
Ungleichgewichte) d.h. zu schwach ausgebildete oder zu kurze Muskelfasern
(vor allem die Bauch- und Gesäßmauskulatur sind zu schwach oder
die Oberschenkelmuskulatur ist verkürzt)
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diese muskulären Dysbalancen, häufig in Verbindung mit Wirbelsäulenfehlstellungen,
sind oft Ursache für die festgestellten Kreuzschmerzen
Perspektiven für den Schulsport in der Berufsschule
Diese Beschwerdebilder können aber durch eine Stunde Sport in der
Woche nicht behoben werden, d.h. der Sport in der Berufsschule kann nur
Anregungen zu einem freudvollen, sinnvollen und bewußten Sporttreiben
geben
Aus den Ergebnissen sind folgende Forderungen für den Sport in
der Berufschule abzuleiten:
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eine Gesundheitsorientierung, d.h. folgende Bereiche sollten im Sportunterricht
vornehmlich Berücksichtigung finden:
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Verbesserung der Ausdauerleistungsfähigkeit (= kardiologischer Bereich)
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Kräftigen und Dehnen ausgewählter Muskelgruppen (= orthopädischer
Bereich) vor allem in Verbindung mit einem richtigen Aufwärmen
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Ernährung (= ökotrophologischer Bereich)
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Streßabbau (= psychologischer Bereich)
Dieses kann den Schülerinnen und Schülern natürlich nur
vermittelt werden, wenn der Sportunterricht mit der notwendigen Freude
betrieben wird, stures Rundenlaufen oder nur Funktionsgymnastik werden
die Schüler/innen dazu nicht aninüeren; die o.g. Elemente müssen
sinnvoll in eine motivierenden Sportunterricht eingebunden werden!
Des weiteren bietet der Sportunterricht natürlich eine breite Palette
von Sinngebungen, wie z.B. Teamfähigkeit (wird im beruflichen Alltag
immer mehr eingefordert), Anpassungsfähigkeit, Gemeinschaft, Leistungsorientierung
etc.
verantwortlich für die Untersuchung waren:
Prof Dr. Elke Zimmermann (Leiterin des Instituts für Sportmedizin
der Uni Bielefeld)
Dr. med. Angelika Schulte (Fachärztin für Orthopädie
des Instituts für Sportmedizin)
Dr. Christian Vobejda (Sportwissenschaftler u. Chemieingenieur des
Instituts für Sportmedizin)
Dr. Jörg Weber (Initiator und Leiter der Veranstaltung, Sportlehrer
an der DBS)